Die Beschäftigten sind also Geringverdiener im Sinne der Sozialversicherung und somit sozialversicherungspflichtig. Die Geringverdienergrenze wird allerdings seit dem 01.04.2000 nicht mehr in der Praxis umgesetzt – aktuell gilt sie demnach nur für folgende Gruppen:
- Auszubildende und Praktikanten, die in ihrer Berufsausbildung nicht mehr als 325 Euro verdienen
- Versicherte, die ein freiwilliges soziales Jahr durchführen
- Versicherte, die ein freiwilliges ökologisches Jahr durchführen
- Versicherte, die beim Bundesfreiwilligendienst beschäftigt sind
Regelung für Azubis
Die Geringverdienergrenze, bis zu der Arbeitgeber die Sozialversicherungsbeiträge für Auszubildende allein zu tragen haben, beträgt einheitlich 325 Euro im Monat (§ 20 Abs. 3 SGB IV). Auszubildende bleiben übrigens immer sozialversicherungspflichtig – ganz unabhängig ihres Verdiensts. Das heißt, sie können auch ein Gehalt von 450 Euro erhalten und dennoch versicherungspflichtig bleiben.
Was genau muss der Arbeitgeber übernehmen?
Um den Geringverdiener zu entlasten, hat der Arbeitgeber mehrere Leistungen zu übernehmen. Neben seinem Anteil und dem Arbeitnehmer-Anteil am Sozialversicherungsbeitrag handelt es sich dabei um folgende Abgaben:
- Zusatzbeitrag in der Krankenversicherung in Höhe des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes (für 2015 0,9%, danach kassenindividuell)
- Eventuell Zusatzbeitrag für Kinderlose in sozialer Pflegeversicherung (0,25%)
Letztere Regelung gilt allerdings nur, wenn der Auszubildende das 23. Lebensjahr vollendet hat und kinderlos ist. Ist das 23. Lebensjahr noch nicht vollendet, fällt dieser Zusatzbeitrag gar nicht an.
Sollte eine Einmalzahlung die Grenze von 325 Euro übersteigen, übernimmt auch hier der Arbeitgeber die Abgaben bis zu dieser Grenze. Alle Beiträge für das darüber liegende Entgelt müssen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufgeteilt werden. Das ist beispielsweise bei der Zahlung eines Weihnachtsgeldes in Höhe von 200 Euro der Fall:
- Für den Sozialbeitrag der 325 kommt ausschließlich der Arbeitgeber auf.
- Für das Weihnachtsgeld in Höhe von 200 Euro müssen Arbeitgeber und Arbeitnehmer je zur Hälfte den Sozialbeitrag zahlen.
Geringverdiener und geringfügig Beschäftigte
Oft werden Geringverdiener mit geringfügig Beschäftigten gleichgesetzt – allerdings handelt es sich hierbei um zwei verschiedene Grenzen:
Geringverdiener | Geringfügig Beschäftigte |
---|---|
Sozialversicherungspflichtig | Sozialversicherungsfrei |
Grenze bei 325 Euro | Grenze bei 450 Euro |
Arbeitgeber zahlt alle Sozialversicherungsabgaben | Arbeitgeber und Arbeitnehmer teilen sich die Sozialversicherungsabgaben |
Auszubildende, FSJ, FÖJ, Bundesfreiwilligendienst | Alle Jobber, die einen Minijob absolvieren |
Hinsichtlich der Sozialversicherung dürfen diese beiden Begriffe also keinesfalls verwechselt werden, da sich so völlig andere Regelungen für das Arbeitsverhältnis ergeben. Übrigens: Während die Geringverdienergrenze für Auszubildende bei 325 Euro bleibt, wird die Geringfügigkeitsgrenze jährlich neu angepasst. In den vergangenen Jahren wurde diese jedes Mal erhöht und liegt bei 450 Euro pro Monat.
Wo liegt die Geringverdienergrenze?
Aktuell liegt die Geringverdienergrenze bei 325 Euro im Monat. Das war jedoch nicht immer so, denn in den vergangenen Jahrzehnten hat sich diese Grenze deutlich verändert. Lag sie im Jahre 1957 bei 75 DM, ist sie bis zum Jahre 1979 auf 400 DM gestiegen. Bis 1999 ist sie schließlich auf 630 DM pro Monat gestiegen. Seit 2000 gilt diese Grenze nur noch im Zusammenhang mit einer Berufsausbildung, einem FSJ oder einem FÖJ. Am 01.04.2003 wurde der maximale Verdienst auf 400 Euro monatlich festgelegt, bis seit dem 01.08.2003 schließlich ein maximales Arbeitsentgelt von 325 Euro gilt. Die Geringverdienergrenze ist also stetig gestiegen, um sie an die steigende Inflation und an die steigenden Gehälter anderer Beschäftigen anzupassen.
So wurde die Grenze festgelegt
In den Jahren 1957 bis 1989 wurde die Geringverdienergrenze anhand der Beitragsbemessungsgrenze festgelegt: Diese Bemessungsgrenze gibt an, wie viel maximal im Monat bzw. im Jahr an die Krankenversicherung zu zahlen ist. Die Geringverdienergrenze machte dabei 1/10 der Beitragsbemessungsgrenze aus.
Ab 1990 wurde diese Grenze anhand des Durchschnittsentgelts in Deutschland berechnet: Das durchschnittliche Einkommen wurde durch 7 geteilt. Die Geringverdienergrenze betrug also 1/7 des damaligen Durchschnittseinkommens. Durch diese Berechnung lagen die Gehälter im Osten Deutschlands jedoch deutlich unter den westdeutschen Gehältern. Mithilfe der bundesweiten Festlegung auf 325 Euro konnte so eine Angleichung erreicht werden.
So wird die Geringverdienergrenze angewendet
Folgende Beispielrechnungen sollen aufzeigen, wie genau die Grenze angewendet wird und wie sich das auf den Auszubildenden sowie den Arbeitgeber auswirkt.
Beispielrechnung 1
Es handelt sich um das Abrechnungsjahr 2018: Der 22-jährige Auszubildende bezieht eine Vergütung von 300 Euro. Dadurch muss er keine SV-Beiträge zahlen – diese sind vom Arbeitgeber zu übernehmen. Zudem muss der Arbeitgeber weitere Beiträge zahlen:
Beitrag |
Höhe des Beitrags in % (Stand 2019) |
Höhe des Beitrags in Euro (Stand 2019) |
Rentenversicherung |
18,7 |
56,10 |
Krankenversicherung |
14,6 + Zusatzbeitrag 0,9 |
46,5 |
Arbeitslosenversicherung |
2,5 |
7,50 |
Pflegeversicherung |
3,05 |
9,15 |
Insgesamt muss der Arbeitgeber also 118,65 Euro zahlen, um die Sozialversicherungsbeiträge seines Auszubildenden zu decken. Ein positiver Aspekt: Da der Auszubildende das 23. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, müssen keine Zusatzbeiträge für die Pflegeversicherung gezahlt werden – andernfalls müsste der Arbeitgeber anstatt 7,50 Euro dann 8,25 Euro zahlen (+ 0,25%).
Beispielrechnung 2
Es handelt sich auch hier um das Abrechnungsjahr 2018: Der 21-jährige Auszubildende erhält eine Vergütung von 300 Euro und 150 Euro Weihnachtsgeld. In diesem Fall muss der Arbeitgeber alle Beiträge bis zum Betrag von 325 Euro übernehmen. Die Beiträge für die restlichen 125 Euro werden gleichmäßig zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber aufgeteilt. Bei der Krankenversicherung muss allerdings der Arbeitnehmer den Zusatzbeitrag von 0,9 % übernehmen. Die Beiträge für die 125 Euro sehen also folgendermaßen aus:
Beitrag |
Höhe des Beitrags in % (Stand 2018) |
Beitrag Arbeitnehmer in Euro |
Beitrag Arbeitgeber in Euro |
Rentenversicherung |
18,7 |
11, 7 |
11,7 |
Krankenversicherung |
14,6 + Zusatzbeitrag 0,9 |
10,25 |
9,13 |
Arbeitslosenversicherung |
2,5 |
1,88 |
1,88 |
Pflegeversicherung |
3,05 |
1,47 |
1,47 |
Da dies eine einmalige Erhöhung des Gehalts war, übernimmt der Arbeitnehmer die Hälfte der zu zahlenden Sozialversicherungsbeiträge – er muss nun also 25,3 Euro an Versicherungsbeiträgen zahlen. Der Arbeitnehmer hingegen hat für den Betrag von 125 Euro nun 24,18 Euro zu zahlen. Auf diese werden zusätzlich die 118,65 Euro draufgeschlossen. So muss der Arbeitnehmer letztendlich 142,83 Euro zahlen.
Diese zweite Beispielrechnung zeigt also den Unterschied für Arbeitnehmer ebenso wie für Arbeitgeber: Solange das Arbeitsentgelt unter 325 Euro liegt, muss der Arbeitnehmer keine Beiträge zahlen. Wird diese Grenze einmalig überschritten, wird es sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber teurer, die Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen.
Welche Zuschüsse erhalten Geringverdiener?
Es ist möglich, als Geringverdiener einen Zuschuss zu erhalten – Sie haben hier folgende Möglichkeiten:
Wohngeld
Das Wohngeld wird beim örtlichen Wohnungsamt beantragt. Die Höhe dieses Zuschusses hängt von Ihrem Wohnort, den Mietkosten und zusätzlichen Kosten ab, die durch den Haushalt verursacht werden. Zudem ist entscheidend, wie viele Personen in dem Haushalt wohnen. Allerdings gibt es weder für Heizkosten noch für Möbel Zuschüsse.
Mithilfe von Wohngeldtabellen können Geringverdiener einsehen, wie viel sie zusätzlich erhalten würden: Je höher die Miete, desto mehr Zuschuss erhalten sie. Sie sollten dabei jedoch beachten, dass der Zuschuss mit Steigerung des Einkommens geringer wird. Um das Wohngeld zu erhalten, sollten Sie einen Antrag beim örtlichen Wohnungsamt einreichen – denken Sie hierbei daran, den Mietvertrag, den Arbeitsvertrag und die Nachweise über Heiz- und Stromkosten hinzuzufügen. Auch eine gültige Meldebestätigung ist wichtig. Nach Überprüfung Ihrer Daten (dies kann bis zu sechs Monate dauern) erhalten Sie den Zuschuss.
Arbeitslosengeld II
Das Arbeitslosengeld II gilt in Deutschland als Grundsicherungsleistung für erwerbsfähige Leistungsberechtigte nach dem zweiten Sozialgesetzbuch. Der Zuschuss soll Leistungsberechtigten die Möglichkeit geben, ein menschenwürdiges Leben zu führen.
In der Regel haben Auszubildende keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II (ALG II) – sie stehen dem Arbeitsmarkt in dieser Zeit nämlich nicht zur Verfügung und erhalten oftmals BAföG. Sie haben nur dann möglicherweise Anspruch, wenn sie:
- in dem Betrieb nicht vollbeschäftigt sind und deshalb kein BAföG erhalten
- keine Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) erhalten, weil sie noch bei ihren Eltern wohnen
- keine Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) erhalten, weil sie minderjährig sind und in einer eigenen Wohnung wohnen, obwohl sie den Ausbildungsbetrieb auch vom Heim der Eltern erreichen könnten
- an berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen teilnehmen, im Heim der Eltern wohnen und BAB in Höhe von maximal 192 € erhalten
- sie an Berufsfachschulen eingeschrieben sind ohne Voraussetzung einer abgeschlossenen Berufsausbildung und BAföG in Höhe von maximal 192 Euro erhalten
In diesen Fällen ist es zwar möglich, aber nicht sicher, dass die Auszubildenden ALG II erhalten. Deshalb wird stets eine Bedürftigkeitsprüfung durchgeführt: Mit dieser können die Behörden erkennen, ob die Eltern ihren Verpflichtungen nachgehen. Um das ALG II zu beantragen, erhalten Sie im Jobcenter Ihrer Stadt alle wichtigen Antragsformulare – dürfen Sie den Zuschuss schließlich beziehen, erhalten Sie diesen von der Agentur für Arbeit. Mithilfe von Finanzrechnern im Internet haben Sie die Möglichkeit, sich schon vorab auszurechnen, wie hoch das ALG II ausfallen kann. Doch bedenken Sie: In der Regel erhalten Sie diesen Zuschuss nur, wenn Sie mithilfe Ihres aktuellen Gesamteinkommens Ihren Bedarf nicht decken können.
Bedenken Sie!
Die meisten Zuschüsse müssen regelmäßig neu beantragt werden. Der Wohngeld-Zuschuss etwa wird nur ein Jahr lang gezahlt, danach ist eine neue Beantragung und Überprüfung nötig.