Die Beitragsbemessungsgrenze ist eine Rechengröße im Sozialversicherungsrecht. Sie gibt an, bis zu welchem Betrag das Arbeitsentgelt zur Berechnung der Renten-, Arbeitslosen-, Kranken- und Pflegeversicherung herangezogen wird. Das Gehalt, das über die Beitragsbemessungsgrenze hinausgeht, ist nicht mehr beitragspflichtig. Allerdings können damit auch keine weiteren Leistungsansprüche erworben werden.
Die Beitragsbemessungsgrenze ist Teil des Solidaritätsprinzips. Da die Beitragssätze abhängig vom Einkommen gleich sind, zahlen gutverdienende Arbeitnehmer mehr in die Sozialversicherung ein als Menschen mit geringerem Einkommen, obwohl alle die gleichen Leistungen erhalten. Anders als bei der Steuer wird aber nicht das komplette Einkommen belastet. Da die Sozialversicherung im Grundsatz keine Umverteilung zwischen Gut- und Geringverdienern vorsieht, werden Beiträge und Leistungen durch die Obergrenze gedeckelt.
Seit dem 1. Januar 2022 liegt die Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung (Ost) bei 6.750 Euro monatlich (2021: 6.700 Euro) und in den alten Ländern bei 7.050 Euro monatlich (2021: 7.100 Euro).
Entwicklung der Beitragsbemessungsgrenze
In diesem Jahrzehnt hat sich die Bemessungsgrenze folgendermaßen entwickelt:
Jahr | Kranken- und Pflegeversicherung (in Euro) | Renten- und Arbeitslosenversicherung West (in Euro) | Renten- und Arbeitslosenversicherung Ost (in Euro) |
2020 | 62.550 | 82.800 | 77.400 |
2019 | 54.450 | 80.400 | 73.800 |
2018 | 53.100 | 78.000 | 69.600 |
2017 | 52.200 | 76.200 | 68.400 |
2016 | 50.850 | 74.400 | 64.800 |
2015 | 49.500 | 72.600 | 62.400 |
2014 | 48.600 | 71.400 | 60.000 |
2013 | 47.250 | 69.600 | 58.800 |
2012 | 45.900 | 67.200 | 57.600 |
2011 | 44.550 | 66.000 | 57.600 |
2010 | 45.000 | 66.000 | 55.800 |
Aus der Tabelle ist ersichtlich, dass die Beitragsbemessungsgrenzen in den meisten Fällen von Jahr zu Jahr zunehmen, teilweise aber unverändert bleiben.
Bei der Renten- und Arbeitslosenversicherung wird zwischen alten und neuen Bundesländern unterschieden. Neben der allgemeinen Rentenversicherung, deren Höchstgrenzen in der Tabelle aufgeführt sind, gibt es zudem die knappschaftliche Rentenversicherung für Beschäftigte im Bergbau, der Hochseeschifffahrt und der Deutschen Bahn.
Höhe wird vom Bundesministerium für Arbeit & Soziales festgelegt
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales legt die Beitragsbemessungsgrenzen für jedes Jahr neu fest. Die aktuellen Rechengrößen werden jeweils am Jahresende im Bundesgesetzblatt veröffentlicht, sind im Internet aber schon früher zu erfahren. Offiziell werden diese aber erst, wenn auch der Bundesrat zugestimmt hat. Dies ist jeweils gegen Ende des Jahres der Fall.
Die Höhe der Beitragsbemessungsgrenze ist von der Bruttolohnentwicklung des Vorjahres abhängig. Der Jahreswert, den die Regierung anhand einer festgelegten Formel berechnet, wird auf einen vollen, durch 600 teilbaren Betrag aufgerundet.
Warum steigt die Beitragsbemessungsgrenze an?
Die Beitragsbemessungsgrenzen verschieben sich, weil auch die Löhne und Gehälter in Deutschland regelmäßig ansteigen. Dem höheren Verdienst entsprechend können Arbeitnehmer auch mehr an die Renten-, Arbeitslosen-, Kranken- und Pflegeversicherung abtreten, so die Idee. In Jahren, in denen die Lohnsteigerung gering ausfällt, bleibt auch die Beitragsbemessungsgrenze gleich.
Relevanz für Versicherungen
Die Beitragsbemessungsgrenze greift bei der Beitragsberechnung zur Renten-, Arbeitslosen-, Kranken- und Pflegeversicherung. Sie deckelt den Betrag, bis zu dem das Einkommen zur Berechnung herangezogen wird. Sie greift allerdings nur bei nichtselbstständigen Arbeitnehmern. Selbstständige müssen sich um ihren Versicherungsschutz selbst kümmern.
Für die Kranken- und Pflegeversicherung ist sie gleich, ebenso für Renten- und Arbeitslosenversicherung. Bei Letzterem wird zwischen West- und Ostdeutschland sowie für die allgemeine und die knappschaftliche Rentenversicherung unterschieden. Die Bemessungsgrenzen sind insofern gekoppelt, als dass sie sich allesamt jeweils am Lohn- und Gehaltsniveau des Vorjahrs orientieren.
Relevant für alle Versicherungen nach dem Solidaritätsprinzip
Die Beitragsbemessungsgrenze ist für alle Versicherungen relevant, die nach dem Solidaritätsprinzip funktionieren. Davon zu unterscheiden sind Individualversicherungen nach dem Adäquanzprinzip. Diese berechnen die Beiträge nicht nach dem Einkommen der Versicherten, sondern nach dem Risiko, ob und in welchem Maße diese Leistungen benötigen werden.
Wo die Beitragsbemessungsgrenze nicht zählt
Die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung zahlt alleine der Arbeitgeber an die jeweilige Berufsgenossenschaft. Die Beitragsbemessungsgrenze wurde eingeführt, damit Arbeitnehmer bei gutem Verdienst nicht zu viel an die Sozialversicherungskassen abtreten müssen. Da sie bei der gesetzlichen Unfallversicherung überhaupt nicht belastet werden, ist hier eine Beitragsbemessungsgrenze überflüssig. Die Höhe der Beiträge, die der Arbeitgeber entrichtet, sind zudem unabhängig vom Bruttoverdienst. Sie richten sich vielmehr nach Branche, Anzahl der Beschäftigten, Art des Berufsverbandes oder der Genossenschaft.
Ebenfalls keine Relevanz hat die Beitragsbemessungsgrenze für folgende Versicherungen:
- Lebensversicherung
- Berufsunfähigkeitsversicherung
- Private Kranken- und Krankenzusatzversicherung
- Kfz-Versicherung
- Haftpflichtversicherung
- Hausratversicherung
- Wohngebäudeversicherung
- Rechtsschutzversicherung
- Reisegepäcksversicherung
- Sterbegeldversicherung
- Restschuldversicherung
Besonderheiten in der Rentenversicherung
Die Beiträge zur Rentenversicherung werden – genauso wie bei der Arbeitslosenversicherung – zu je 50 Prozent von Arbeitnehmer und Arbeitgeber getragen. Der Rentenbeitragssatz liegt 2018 bei 18,6 Prozent, die Beitragsbemessungsgrenze in Westdeutschland bei 78.000 Euro und in Ostdeutschland bei 68.600 Euro. Wenn ein Arbeitnehmer in Westdeutschland zum Beispiel 79.600 Euro (brutto) pro Jahr verdient, muss er 18,6 Prozent von 78.000 Euro an die gesetzliche Rentenkasse abtreten. Die 1.600 Euro, welche über der Beitragsbemessungsgrenze liegen, bleiben beitragsfrei.
Der Arbeitnehmer muss allerdings bedenken, dass sich seine späteren Rentenansprüche ebenfalls an der Beitragsbemessungsgrenze orientieren. Wer später seinen gewohnten Lebensstandard halten will, sollte also zusätzlich private Vorsorge betreiben. Die Beitragsbemessungsgrenze bei der Arbeitslosenversicherung richtet sich gemäß § 341 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Drittes Buch nach jener der allgemeinen Rentenversicherung.
Besonderheiten in der Krankenversicherung (gesetzlich)
Bei der gesetzlichen Krankenversicherung verläuft die Beitragsberechnung ein wenig komplizierter. Hier gibt es zum allgemeinen Beitragssatz, den sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber teilen, einen Zusatzbeitrag. Diesen trägt allein der Arbeitnehmer. Er wird von den Krankenkassen selbst festgelegt und bewegt sich in der Regel um die 1,1 Prozent (Stand: Januar 2018). Die Beitragsbemessungsgrenzen für die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung sind gleich. Sie betragen 2018 in der gesamten Bundesrepublik 53.100 Euro (brutto pro Jahr).
Bei der Pflegeversicherung gibt es eine weitere Besonderheit. Kinderlose Arbeitnehmer müssen einen Zuschlag von 0,25 Prozent zahlen. Der Arbeitgeber beteiligt sich an diesem Zuschlag nicht. Auch hier gilt, dass nicht nur die Beiträge, sondern auch die Höhe des Krankengelds und andere Leistungsansprüche gedeckelt sind. Wer zusätzliche oder höhere Leistungen erhalten will, muss zusätzlich vorsorgen.
Besonderheiten in der privaten Krankenversicherung
Seit 1. Januar 2009 müssen private Krankenversicherer einen Basistarif anbieten. Der gesetzlich vorgeschriebene Höchstbetrag ist an die Beitragsbemessungsgrenze gebunden. Alle anderen Tarife können die Versicherer selbst festlegen. Diese hängen in der Regel nicht vom Einkommen der Versicherten ab, sondern vom Eintrittsalter, Vorerkrankungen und dem gewählten Leistungspaket.
Berechnung der Beitragsbemessungsgrenze
Wenn Ihr Bruttoverdienst unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegt, werden die Beiträge für Sozial- und Krankenversicherung direkt vom tatsächlichen Arbeitsentgelt berechnet.
Übersteigt Ihr Verdienst die Grenze, orientiert sich der Beitragsanteil an der Beitragsbemessungsgrenze. Im Fall der allgemeinen Rentenversicherung in Westdeutschland wären dies im Jahr 2018 18,6 Prozent (Rentenbeitragsanteil 2018) von 78.000 Euro (Beitragsbemessungsgrenze 2018). Dies sollte bei einer Gehaltserhöhung stets geprüft werden.
Einnahmen berechnen
Das beitragspflichtige Arbeitsentgelt entspricht dem auf der Lohnsteuerkarte ausgewiesenem Bruttogehalt. Dazu zählen:
- Das monatliche Grundgehalt
- Überstundenvergütungen
- Provisionen und Boni
- Das 13. und jedes weitere zusätzliche Gehalt (zum Beispiel Urlaubs- oder Weihnachtsgeld)
- Steuerpflichtige Zulagen für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit
- Vermögenswirksame Leistungen
- Anwesenheitsprämien
- Sachbezüge wie Verpflegung und Unterkunft
Beitragsbemessungsgrenze bei Mehrfachbeschäftigung
Wenn Sie mehrere versicherungspflichtige Beschäftigungen nebeneinander ausüben, übernimmt jeder Arbeitgeber die Beiträge auf Basis des von ihm gezahlten Bruttogehalts. Übersteigt Ihr Gesamtverdienst die Beitragsbemessungsgrenze, werden die Beiträge nach einer Formel auf die verschiedenen Arbeitgeber aufgeteilt. Diese lautet:
Beitrag für den einzelnen Arbeitgeber = (Beitragsbemessungsgrenze × Arbeitsentgelt) ÷ Arbeitsentgelt aus allen Beschäftigungen
Zahlt man unter- oder oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze mehr Steuern?
Der Steuerbeitrag ist ebenfalls vom Gehalt abhängig. Zudem steigt der Steuersatz mit zunehmendem Einkommen. Daher gilt: Je mehr jemand verdient, desto mehr Steuern zahlt er. Arbeitnehmer oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze zahlen in der Regel mehr Steuern als Beschäftigte unterhalb der Grenze. Allerdings können die Beiträge aus der Renten- und Sozialversicherung bis zu einem bestimmten Betrag von der Steuererklärung abgesetzt werden. Je höher die Beiträge, desto niedriger ist das zu versteuernde Einkommen.
Jahresarbeitsentgelt- und Versicherungspflichtgrenze
Die Beitragsbemessungsgrenze muss von der Versicherungspflichtgrenze - auch Jahresarbeitsentgeltgrenze genannt - unterschieden werden. Diese gibt an, ab welchem Verdienst sich ein Arbeitnehmer privat krankenversichern kann. 2018 liegt diese bei 59.400 Euro im Jahr oder 4.950 Euro im Monat.
Bis 31. Dezember 2002 waren die Beitragsbemessungs- und die Versicherungspflichtgrenze gleich. Seitdem liegt die Versicherungsplichtgrenze über der Beitragsbemessungsgrenze. Das Ziel dieser Änderung war es, mehr Menschen in den gesetzlichen Krankenkassen zu halten und diese finanziell zu stärken.
Die Beitragsbemessungsgrenze für die Sozial- und Rentenversicherung wird auch als besondere Jahresarbeitsentgeltgrenze bezeichnet, die Versicherungspflichtgrenze als allgemeine Beitragsbemessungsgrenze.